Kreistag (X): die Angolas zeigen, was sie ohne uns alles (nicht) können

27. September 2022, Kreistagssitzungssaal Darmstadt-Kranichstein

Beginn: 13:03 Uhr — Ende: 15:15 Uhr

Vorab

Zum ersten Mal seit Beginn der Virus-Seuche, die vor kurzem trotz steigender Inzidenzen für (nahezu) beendet erklärt wurde, sind wir im Kreistagssitzungssaal im Kreishaus Kranichstein. Warum die Kreisverwaltung des Landkreises Darmstadt-Dieburg sich auf dem Gebiet der kreisfreien Stadt Darmstadt befindet, hat mir bisher niemand schlüssig erklären können. Offenbar hat sich Scheelhaas‘ Vorgänger (auch sPD) bequatschen lassen und der HEAG einen hässlichen, mittlerweile maroden 60er-Jahre-Bau mitten in der Plattenbau-Bronx von Damnstadt (auch als „Darnstadt“ bekannt) abgekauft. Ob er beim Vertragsabschluss unter Einfluss unerlaubter (oder auch erlaubter) Substanzen stand, ist nicht bekannt. Aber das ist ein anderes Thema…

Vor der Sitzung

… studiere ich den Sitzplan, der mir Anfang April 2021 zuging und stelle fest, dass ich nun endlich dort sitze, wo ich hingehöre: in der extremen Mitte des Saales – angemessen für den PARTEI-Vertreter im Kreistag.

Zu wenig Platz für den üblichen PARTEI-Grabbeltisch

Was nicht so gut ist, ist die Größe der Abgeordnetentische. Sie sind winzig und bieten gerade einmal Platz für das Notwendigste. Wo soll die Föhrrrerrrin der #FCKAfD ihren dicken Aktenordner mit 1000 farbigen Papieren, den sie immer dabei hat und in dem sie ständig hektisch blättert, nun hinlegen? Leider ist Werner Bischoff nicht da; ich hätte ihn gerne persönlich gefragt, wie es ihm geht. Wenigstens haben wir abgemacht, dass er mir Bescheid gibt, falls er versterben sollte; also kann ich sicher sein, dass er noch lebt (Hinweis: er ist offiziell entschuldigt wegen –wie die Vorsitzende zu Beginn der Sitzung sagt– Reha).

Um 12:58 Uhr schrecke nicht nur ich auf, als ein laut scheppernder Gong aus den Saal-Lautsprechern klingt. Trotzdem schaffen es v.a. die schnatternden sPD- und €dU-Leute nicht rechtzeitig auf die Plätze, so dass die Sitzung (das Scheppern ertönt noch mehrfach) nur verspätet begonnen werden kann.
Ich trage übrigens die ganze Sitzung über eine FFP2-Maske. Impf- und Maskenverweigerer:innen aus (nahezu?) allen Fraktionen kann man nicht trauen, dass sie nicht infektiös/infiziert* sind.

Beginn 13:03 Uhr

Der #FCKAfDer Nitsch fehlt schon wieder. Das ist seit April 2022 nun das vierte Mal hintereinander. Wohnt er noch im Landkreis? Wie sind da die Regelungen bzgl. Nachrückern im #LaDaDi?

Zu Beginn bekommt Frau Streicher-Eickhoff noch eine Verdienst-Plakette von der Kreistagsvorsitzenden. Frau Wucherpfennig liest die Laudatio etwas lustlos ab, findet dann aber gute persönliche Worte und hat ein Extra-Geschenk. Während der Ehrung isst Vize-Landrat Köhler (€dU) genüßlich ein Butterbrot und mampft ein Stück Kuchen (oder so).

TOP 2 Scheelhaas informiert labert mal wieder

Der Landrat (sPD) tritt ans Rednerpult. Ich packe mein Butterbrot aus (der Vize-Landrat ist nun mein Vorbild in dieser Hinsicht); da er so lange reden kann wie er will und das auch immer schamlos ausnutzt, kann seine One-Man-Show etwas dauern… – was er auch tut: 13 Minuten Monolog. Stephen Colbert und Jan Böhmermann sind piontierter und näher an der Wahrheit.

Scheelhaas berichtet davon, dass das Regierungspräsidium zwar der Stundung der Schulden des Landkreises bei der Hessenkasse zugestimmt hat, aber vom Doppel-Haushalt nur das Jahr 2022 genehmigt wurde (war da nicht mal was mit „Fünf-Jahres-Plan“ nach sowjetischem Vorbild?). Für 2023 müsse nachgebessert werden, weil v.a. die Energiekosten so stiegen (er redet was von €10 Mio. allein in den Schulen, in denen nun das Warmwasser abgestellt wurde) und verlabert sich dann darin, dass wir ja viel zu lange völlig von Russland abhängig waren bei Gas, Kohle und Öl (ich nicke und frage mich, welche beiden Parteien das denn zu verantworten haben mit ihrer fossilen Bundespolitik). Er „appelliert“ an die Bürger (und Bürgerinnen) des #LaDaDi, dass sie doch sparen mögen. Vergeblich warte ich auf Haushaltstipps à la „Mit Waschlappen waschen“, „Kalt duschen“, „Nur noch kaltes Essen“ oder „Mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren“ (siehe auch TOP 18).

TOP 6 die neue Satzung der VHS

Es geht um die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer:innen bei der Volkshochschule Darmstadt-Dieburg und die Grünen sind der Meinung, die Mitbestimmung werde sehr weit eingeschränkt. Matti Merker (sPD) antwortet darauf und redet so schlecht über die Volkshochschulkommission („Die VHS-Kommission kennt doch keiner, weil total unwichtig!“), dass ich mich frage, warum die sPD nicht gleich fordert, die VHS einzustampfen oder an Darmstadt zu verscherbeln. Jaja, die Sozialdemokratie hat nicht mehr viel mit „sozial“ am Hut (weswegen ich sPD schon länger mit kleinem „s“ vorne schreibe).

TOP 8, 8.1, 14 Irgendwas mit Gebühren erheben auf Teufel-komm-raus, um die klamme Kreiskasse aufzubessern

Frau Blitz-Tropf** (Grüne) redet wohl zu lange und nicht nur sie erschrickt, als plötzlich ein Buzzer so wie bei „Britain’s Got Talent“ hupt und so ziemlich alle irritiert sind. Der Kreistagsvorsitzenden ist das auch peinlich: der Knopf sei erst vor kurzem installiert worden. Frau Brockmann (die ich vor dem 4. April gar nicht zuordnen konnte und an die ich mich nur wegen ihrer schlecht gespielten Empörung erinnere) kommt heute in leuchtend grünem Kostüm (ich habe die Sonnenbrille vergessen…!) und erklärt uns irgendwas in feinster €dU-Besserwisser-Manier. Ist das die Rache für Mansplaining? Eine der Ex-Linken eine Reihe vor mir spielt während Brockmann’s Rede lieber Candy Crush.

TOP 15 der SENIO-Zweckverband wird aufgelöst

Jungspund Zeißler (€dU) redet zum Thema – warum auch nicht? Sonst bestimmen alte, verbohrte Leute ja immer, was die jungen zu tun haben (z.B. auf gar keinen Fall Cannabis zu rauchen während die Ollen saufen wie die Löcher) – jetzt ist es also mal umgekehrt (auch wenn Zeißler dem Vorzeitig-verknöcherte-junge-Flügel der €dU angehört). Zu sagen hat er außer dem ihm in die Feder diktierten Zeugs aber nichts. Herr Achilles wird zweimal vom Buzzer angehupt und erschrickt; ich kichere hinter der Maske.

Der darauf folgende sPD-Mann babbelt sinngemäß irgendwas von „Die SENIO hat ihr Ziel erreicht, aber in den letzten Jahren nicht immer zielführend gearbeitet“ und ich lache: in einem Arbeitszeugnis stünde da „hat sich stets bemüht“. Die sPD gibt also offen zu, dass die SENIO-Idee, die sie vor Jahren zusammen mit den Grünen und der Spaßpartei fdP ausgeheckt hatten, blanker Unfug war.

TOP 18 die existierende und doch nicht existente Radverkehr-Koordinierungsstelle

Ein Mensch der Grünen beklagt am Rednerpult, dass die vor Jahren beschlossenen Radwegemaßnahmen mit Priorität A nicht umgesetzt werden. Das hätte auch so im Darmstädter Echo gestanden („Radwege in Darmstadt-Dieburg lassen auf sich warten“ (02.06.2022) — Vorsicht: zum Lesen ist ein überteuertes Abo notwendig!) und es gäbe zu viel Bürokratie bei den Genehmigungen.

Der Landrat (sPD) fühlt sich bemüßigt, etwas dazu zu sagen. Ich stelle mich auf Langeweile ein und so kommt es auch: es gäbe die von den Grünen beantragte Koordinierungsstelle schon (weiter unten mehr dazu). Er bittet den Journalisten Dörr, ihn nicht mit „Radverkehr bekommt Vorrang vor Feldhamster geht nicht“ zu zitieren (deshalb hole ich das nun hier nach). Der nachfolgende sPD-Mann kündigt an, die sPD/€dU-Angola-Koalition werde den Antrag als erledigt erklären lassen. Ein fdP-Mann erzählt, er hätte die zitierte Koordinierungsstelle mal befragt und sich erklären lassen, was diese Person denn so macht. Die Antwort: Heftchen erstellen und im Hessen-Portal Radwege eintragen. Von Koordination könne gar keine Rede sein.

Die Föhrrrerrrin der #FCKAfD meldet sich und versprüht in einer der seltenen Partizipationen der #AfDer die übliche rechte Hetze gegen alles, was irgendwie auch nur grün aussieht und behauptet, dass alle die, die nicht grün wählen, nicht Fahrrad fahren würden. Die Männerclique der €dU lacht gehässig und freut sich, dass ihre Freundin aus der noch rechteren Ecke die Grünen mal so richtig rannimmt. Wer wie die Föhrrrerrrin anscheinend in braunen Häusern mit vertrockneten Blumen wohnt und wegen seiner Engstirnigkeit nie aus dem Fenster schaut oder vor die Tür geht, wird das nicht wissen, aber auch ich fahre Fahrrad und wähle ganz bestimmt nicht grün, denn die PARTEI ist sehr gut. Wie lebt es sich eigentlich in einer tristen, dunklen Welt, in der man glaubt, Riese & Müller müsste wegen schwindender Nachfrage bald schließen und nur der Faschist Höcke würde die Welt retten können? Übrigens haben mehr als 94% des Wahlviehs im #LaDaDi die #FCKAfD nicht gewählt.

Nachdem sich einer der Grünen gewehrt hatte, lässt es sich €dU-Hipster Schimmel (der mit den aus der Mode gekommenen Hochwasserhosen #KeinSmashMehr) nicht nehmen, jovial darauf zu antworten, dass die Grünen ja 15 Jahre Zeit gehabt hätten, es schneller zu machen und man könne ja für einen Radweg niemanden enteignen. Die €dUler in ihrer Ecke grölen wieder „Höhöhö“ und ich frage mich, ob sie schon besoffen oder anderweitig intoxikiert sind und den Art. 14 (3) GG nicht kennen – aber was erwarte ich von Realpolitik-Darsteller:innen, die Spaß daran haben, andere in die Pfanne zu hauen, selbst aber, wenn sie durch Klüngelei an Macht und gut gefüllte Töpfe kommen, nichts auf die Kette bekommen? Es wurde also ganz klar, dass Radwege für den Landrat und sein Komparsen-Kabinett absolut keine Priorität haben. Das wird auch dadurch bestätigt, dass die Angolas von sPD und €dU mit ihrer Mehrheit (Vorturner gibt vor und wehe einer der Lakaien tanzt aus der Reihe!) den Antrag für erledigt erklärt. Hoffentlich hat genauso keine:r der Angolas danach vorzeitigen Samenerguss oder Eisprung wie nach dem Schlachthof-Brensbach-Coup.

Ende

Um 15:15 Uhr ist Schluß. Raus hier, Maske ab und den Tag noch genießen. Beim lebensgefährlichen Radfahren.

Belgisches Tripel Karmeliet lecker, lecker, lecker!

P.S.
Im Vorfeld hatte ich mit Matti Merker so halbwegs gewettet, dass ein Antrag keine Zustimmung der sPD finden würde. Obwohl er (der Antrag) zurückgestellt wurde, brachte ich –für alle Fälle– ein paar Flaschen Bier mit. Matti hat dann trotzdem eine bekommen.

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*) Prompt schlug meine Corona-Warnapp zwei Tage später an. Wenigstens hatte der Tütenkopf den Anstand, einen PCR-Test zu machen und ihn in die App einzuspielen.

**) Eigentlich heißt sie Schlipf-Traup. Sie hatte mich bei einer Korrespondenz mal „Herr Barth“ genannt und heißt für mich seither nur noch Blitz-Tropf.